Schnell zeigen wir mit dem Finger auf andere. Doch dabei weisen immer drei Finger auf einen selbst zurück. Vorsicht also mit dem Anklagen und Beschuldigen anderer. Sind wir doch selbst nicht ohne Fehler und hielten einer präzisen Prüfung nicht stand.

Jesus führt dies den Pharisäern und Schriftgelehrten vor Augen, die eine Ehebrecherin anklagen und die Todesstrafe fordern. Aus dem Fall der Angeklagten machte Jesus den Fall der Ankläger: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie. (Johannes 8,7) Ohne Sünde beziehungsweise ohne Schuld ist keiner von ihnen, und darum können sie sich nicht als Richter und Ankläger erheben. Die Rolle des Anklägers ist nicht gut für uns Menschen. In der Heiligen Schrift spielt Satan (hebräisch für Ankläger) diese Rolle. Er verklagt die Menschen Tag und Nacht vor Gott – wird aber durch Christus gestürzt, der für das sündige Menschengeschlecht eintritt (vgl. Offenbarung 12,10). Dies mahnt uns, die Ankläger-Rolle zu meiden. Aber wie oft empören wir uns über andere, regen uns auf und kommen mit Vorwürfen und Anklagen? Dies tut uns nicht gut. Es macht uns bitter und gereizt und verfinstert die Seele und Gesicht. Zudem steht uns diese Rolle nicht zu.

Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein! Das ist auch uns gesagt. Wir sind nicht ohne Schuld und dürfen uns deshalb nicht über andere erheben oder urteilen. Dies ist der alte Adam im Menschen, der Stolz der Selbstgerechtigkeit und von diesem hohen Ross herunterzukommen, fällt uns schwer. Im Urchristentum erreichte ein Mensch die erste Stufe der Vollkommenheit, wenn er nicht mehr verurteilt.

Die Rolle des Pharisäers und Schriftgelehrten ablegen – nicht mehr richten, anklagen und verurteilen – können wir das? Es wird uns nicht leichtfallen. Wir sind Kinder unserer Zeit, welche von einer Anklagementalität gekennzeichnet ist. Fernsehen, Zeitungen und Internet sind der große moderne Pranger, wo öffentlich vorgeführt und fertiggemacht wird. Man empört sich moralisch und steinigt – wobei großzügig über den großen Dreckhaufen vor der eigenen Tür hinweggesehen wird.

Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein auf sie sagte Jesus einst den selbstgerechten Pharisäern und er sagt es den selbstgerechten Anklägern aller Zeiten.

Jesus heißt die Sünde nicht gut. Geh hin und sündige hinfort nicht mehr! (Johannes 8,11) sagt er zu der Ehebrecherin. Aber er verurteilt sie nicht. Er nagelt sie nicht auf ihre Schuld fest. Er nimmt sie trotz ihrer Schuld aus Erbarmen an. Vielleicht können wir von unserer Anklagementalität erlöst werden und endlich aufhören, mit Steinen zu werfen, wenn wir selbst erleben, dass Gott uns vergibt, trotz unserer Schild annimmt und uns seine vergebende Liebe schenkt. Der Herr führe uns dahin, dass wir wachsen in der Erkenntnis und Selbsterkenntnis und reifer werden in der Liebe und im Christsein. Und er treibe durch seinen heiligen Geist der Wahrheit und der Liebe den bösen Geist aus der Welt aus.

Ihr Kantor aus Altenberg – Roy Heyne