„Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gnade ist es.“ Epheser 2,8

„Zeit ist Gnade“ – diese Worte bilden das Ziffernblatt einer Kirchturmuhr in Laatzen. Sie erinnert jeden der sie nach der Zeit fragt daran, dass diese letztlich ein Geschenk Gottes ist. Denn das ist es, was Gnade meint, eine freiwillige Zuwendung. Nichts, was wir uns selbst verdanken.

Zeit – manchmal rinnt sie endlos langsam dahin, wenn wir einen bestimmten Augenblick herbeisehnen und die Vorfreude auf ein bestimmtes Ereignis das Warten unerträglich werden lässt.
Ein gefüllter Arbeitstag lässt die Zeit nicht selten dahinfliegen.
In manchen Fällen würden wir die Zeit aber am liebsten anhalten. Wenn der Abschied vor der Tür steht, sich das Ende der Lebenszeit eines geliebten Menschen abzeichnet oder uns schwere Zeiten ins Haus stehen.
Die Zeit liegt nicht in unserer Hand. Sie ist unverfügbar.

„Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“, so fragt Jesus seine Zuhörer in der Bergpredigt. Das ist die eine Seite – Gott stellt uns aus Gnade Lebenszeit zur Verfügung, die wir sinnvoll füllen und nutzen sollen.

Darüber hinaus bedeutet Gnade aber noch weitaus mehr. Darauf verweist ein Wort aus Epheser 2,8: „Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.“
Gott selbst erscheint in der Zeit. Er macht sich den Menschen gleich und wird einer von uns in seinem Sohn Jesus Christus. Er beschränkt sich selbst, verzichtet auf göttliche Eigenschaften, liefert sich der Endlichkeit menschlichen Lebens aus. „Seht wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn!“ (Lk. 18,31)

Der letzte Wegabschnitt Jesu, die letzte kurze Zeitspanne seines irdischen Weges hat begonnen. Zuerst wird er gefeiert, dann verspottet und geschlagen, zuerst huldigt ihm eine große Menschenmenge, dann wenden sich nahezu alle von ihm ab. Selbst die treuesten Freunde schaffen es nicht, ihm in der schwersten Zeit beizustehen.

Gott kommt in die Zeit.
Nur auf diese Weise kann Gott uns Menschen nahe kommen, uns auf Augenhöhe begegnen, eintauchen auf unsere Ebene, in das Meer unserer Fragen und Sehnsüchte, in die Fluten unserer Sorgen.

Das ist Gnade: Gott in der Zeit. Eine Liebe, die uns ganz nahe kommen will, die unser Leben hält und trägt, auch jenseits der Grenzen von Raum und Zeit. Lassen wir uns in diesen Tagen daran erinnern!

Pfarrer M. Schuffenhauer